Unsere Argumente
Unser Wahlprüfstein zur Landtagswahl 2023 zum Download
- Geltender Bebauungsplan: keine weiteren Bauten in der Pauliner Marsch
- Missachtung des Kontrakts Pauliner Marsch
- Hochwasserrisikogebiet Pauliner Marsch
- Fehlende Finanzierung – Die öffentliche Hand ist gefragt
- Flächenfraß im Naherholungsraum
- Zusätzliche Verkehrsbelastung
- Bürgerbeteiligung als Feigenblatt
Geltender Bebauungsplan: keine weiteren Bauten in der Pauliner Marsch
Mit den neuen Plänen widerspricht der SV Werder Bremen dem weiterhin geltenden Bebauungsplan 1184. Dieser legt für die Pauliner Marsch fest:
„Die Pauliner Marsch stellt für die dicht bebaute Östliche Vorstadt, wie auch den Ortsteilen Ostertor/Remberti und Hastedt den einzigen näher gelegenen zusammenhängenden Grün- und Erholungsraum dar. Die Pauliner Marsch beeinflusst als Teil des Wesertales gemeinsam mit dem Stadtwerder wesentlich das Stadtklima. Sie stellt eine wichtige Luftschneise für die Gesamtstadt dar. Die Einrichtungen des Sports in der Pauliner Marsch (Anm.: nach unserer Auffassung ist damit der Breitensport gemeint und nicht der immer stärker raumfordernde, rein kommerzialisierte Profifußball) sind nicht nur von erheblicher Bedeutung für die benachbarten Stadtteile, sondern ebenfalls für die Gesamtstadt“.
Der im Auftrag der Bremer Weser Stadion GmbH als Vorhabenträgerin von der Grontmij Planungs- und Ingenieurgesellschaft entwickelte vorhabenbezogene Bebauungsplan 63 von 2005 gilt nur für das Weser Stadion. Dies wird in der Begründung beschrieben „als bauliches Solitär in den Grün- und Erholungsanlagen der Pauliner Marsch“ und als „die bedeutendste Sportanlage Bremens.“ Diese Maßstäbe gelten nicht für die geplanten Erweiterungen eines neuen Leistungszentrums.
Missachtung des Kontrakts Pauliner Marsch
Im April 2005 wurde nach vielen Sitzungen des damaligen Moderationsprozesses der sogenannte „Kontrakt Pauliner Marsch“ zwischen den verschiedenen Interessengruppen geschlossen, unter anderem unterzeichnet vom damaligen Ortsamtsleiter Robert Bücking und Bausenator Jens Eckhoff. Der Kontrakt selbst wird darin als „zukunftsfähiges und von allen Beteiligten getragenes Nutzungs- und Entwicklungskonzept“ bezeichnet – eine Art Friedensvertrag, der als dauerhaftes Leitwerk die Interessen aller Gruppen abbildet.
Wir sehen grobe Verstöße gegen den Kontrakt Pauliner Marsch an verschiedenen Stellen! Beispiele hierfür sind:
- In seinen Leitlinien sieht der Kontrakt unter Punkt 2 vor: „Die Pauliner Marsch dient dem Hochwasserschutz als Retentionsgebiet und Hochwasserabflussbereich.“ Auch der Deichverband warnt dringend vor einer weiteren Entnahme von Überflutungsvolumen durch weitere Bauten in der Pauliner Marsch. Das erhöht das Risiko für alle Bremer*innen.
- Als maßgebliche Zweckbestimmung heißt es unter Punkt 3: „Die Pauliner Marsch soll auf der Grundlage und im Rahmen des bestehenden Flächennutzungs- und Bebauungsplans (1184) entwickelt werden“. Dieser verbietet jedoch die Errichtung jeglicher weiterer Bauten in der Pauliner Marsch! Stattdessen soll geltendes Recht umgangen werden, indem einfach ein neues Baurecht geschaffen wird. Nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht.
- Unter Punkt 4: “Das Weserstadion ist vorrangig ein Fußballstadion. Es wird nicht als Gewerbeimmobilie weiterentwickelt…” Dagegen verstößt die kommerzielle Vermietung der Räumlichkeiten in den Türmen.
- Der Kontrakt sieht ausdrücklich vor: „Verbindlicher Nachbarschaftsschutz für alle Nutzer der Pauliner Marsch und die Anwohner der angrenzenden Wohngebiete, insbesondere in Fragen des Lärm- und Umweltschutzes.“ Der Schutz der Anwohnerschaft wird dem aktuellem Vorhaben des SV Werder untergeordnet.
Dass der Kontrakt Pauliner Marsch an etlichen Stellen mit den Füßen getreten wird, verstehen wir als einseitige Absage an die vor 18 Jahren geschlossenen Vereinbarungen zur Sicherung des kommunalen Friedens!
Hochwasserrisikogebiet Pauliner Marsch
86 Prozent der Fläche Bremens sind hochwassergefährdet. Betroffen sind rund 530.000 Menschen, die hier leben. Die Stadt Bremen ist insbesondere bei schweren Sturmfluten eines der gefährdetsten Gegenden der ganzen Republik. Aufgrund des Klimawandels wird die Überflutungsgefahr durch die Weser in Zukunft weiter rapide ansteigen. Zusätzliche Gefahr droht durch die geplante Vertiefung der Weser. Dies führt zu noch höheren Scheitelwasserständen im Bremer Stadtgebiet. Gleichzeitig ist die Pauliner Marsch ein existentieller „Retentionsraum“ für Bremen.
Das bedeutet, die Pauliner Marsch muss im Hochwasserfall gezielt die Wassermassen aufnehmen, ist somit ein geplanter Überschwemmungsraum, um andere Stadtteile vor Schäden zu bewahren. Die Pauliner Marsch ist als Retentionsraum der tidenbeeinflussten Weser für Bremen überlebenswichtig. Jede Verkleinerung dieses Retentionsraums durch massive, große Neubauten erhöht den Druck auf die Deiche und lässt den Wasserstand schneller steigen.
Mit der Errichtung des dritten Stadions, zweier massiver Bauten und den dafür notwendigen Verkehrswegen, würde der Retentionsraum für die Weser und der Grün- und Erholungsraum in der Pauliner Marsch verkleinert und die Hochwassergefährdung für Bremen erhöht.
Der Deichverband und zuletzt das Ludwig-Franzius Institut Hannover haben wiederholt vor einer Bebauung in diesem Gebiet gewarnt.
Wichtige zusammenfassende Informationen zum Thema Hochwasserrisiko hier
Fehlende Finanzierung – Die öffentliche Hand ist gefragt
Ursprüngliche Kostenplanungen für entsprechende Großprojekte wurden in der Vergangenheit nicht eingehalten, sondern steigerten sich erheblich. Hinzu kommen die zuletzt massiv gestiegenen Baukosten. Diese machen das Vorhaben zusätzlich unkalkulierbar. Der SV Werder Bremen hat mehrfach deutlich gemacht, dass er sich nicht in der Lage sieht, diese Mittel alleine aufzubringen. Auch öffentlich haben sich Vertreter des SV Werder Bremen geäußert:
„Ohne die Beteiligung der öffentlichen Hand wird es nicht gehen“.
Damit deutet sich an, dass die Steuerzahler am Ende einen erheblichen Teil der Kosten und des Kostensteigerungsrisikos übernehmen sollen, obwohl dieses Projekt nahezu ausschließlich den Interessen des Profifußballs dient – so wie im Fall des Ausbaus des Weserstadions 2009 bereits geschehen.
Angesichts der Haushaltsnotlage in Bremen werden Haushaltsmittel für weit dringendere Bedarfe benötigt!
Flächenfraß im Naherholungsraum
Die Pauliner Marsch ist eines der wichtigsten und meistgenutzten innerstädtischen Naherholungsgebiete. Rund 50.000 Anwohner*innen aller Altersgruppen aus den benachbarten Stadtteilen nutzen sie intensiv zum Spielen, Joggen, Spazierengehen und Ausspannen. Dies ist besonders während der Einschränkungen in der Corona-Zeit deutlich geworden. Mit zunehmender Verdichtung der Wohngebiete wird dieses Bedürfnis weiter wachsen.
Der vordere Bereich der Pauliner Marsch ist bereits jetzt durch Sportplätze nur begrenzt öffentlich zugänglich und würde durch die neuen Planungen massiv weiter verkleinert. Das führt das Argument, dem SV Werder läge besonders der Breitensport am Herzen, ad absurdum.
Die sogenannte „Wilde Wiese“ ist frei für jeden zugänglich und wird gerne von Familien, nicht nur aus dem Stadtteil, genutzt. Sie würde dem Vorhaben des SV Werder Bremen zum Opfer fallen.
Zusätzliche Verkehrsbelastung
Die geplante Erweiterung im Rahmen des neuen Leistungszentrums haben alleine das Ziel, den professionellen Spielbetrieb über das Weser Stadion hinaus auszuweiten. Dies wird zu noch mehr kommerziellen Veranstaltungen, zu noch mehr Straßenverkehr, zu erhöhtem Bedarf an Parkplätzen auch in den Straßen in Peterswerder, zu mehr Emissionen u. U. bis spät in die Nacht führen. Damit werden die angrenzenden Wohngebiete zusätzlich zum Profifußball im Weser Stadion weiter belastet.
Bürgerbeteiligung als Feigenblatt
Auf Initiative des Ortsamtes Mitte/ Östliche Vorstadt wurde ein „Moderationsverfahren Leistungszentrum SV Werder Bremen in der Pauliner Marsch“ initiiert und ein per Losentscheid besetztes Begleitgremium 2020 ins Leben gerufen.
Dieses vom SV Werder Bremen finanzierte Beteiligungsverfahren bleibt jedoch hinter den Ansprüchen an echte, ehrlich gemeinte Bürgerbeteiligung zurück und wird von uns als reines Feigenblatt wahrgenommen. Dieses Verfahren erfüllt nicht die Qualitätsstandards für Bürgerbeteiligung, die sich die Freie Hansestadt Bremen selbst gesetzt hat.
Die Zusammensetzung des Gremiums bestimmt am Ende maßgeblich das Votum des Begleitgremiums über den Bau des neuen Leistungszentrums in der Pauliner Marsch. Weder die Zusammensetzung des Gremiums, noch der Verlauf der durchgeführten Workshops waren neutral. Vielfach wurden die bremischen Vorgaben und Qualitätsanforderungen an Bürgerbeteiligung missachtet.